Nachruf auf Norbert Giesen

Nachruf auf Norbert Giesen

Nachruf auf Norbert Giesen

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Nachruf auf Norbert Giesen
von Ilona Orthwein

In der Nacht zum 27. April  ist Norbert Giesen, Ältester im Gemeindekirchenrat der Paulus-Kirchengemeinde Tempelhof, im Alter von 68 Jahren verstorben. Zu seiner Trauerfeier am 3. Mai kamen so viele Menschen in die Rundkirche, wie sonst nur zu hohen kirchlichen Festtagen. Das zeigt, wie beliebt und bedeutend Norbert für die Gemeinde, die Nachbarschaft, für seine ehemaligen Schüler und Kollegen und auch für uns, seine Mitstreiter in der Gemeindearbeit, war.

Noch  gut erinnere ich mich an meine erste Begegnung mit ihm im Winter 2016 auf der Treppe im Gemeindehaus. Norbert war auf dem Weg zur GKR-Sitzung und ich kam vom „Kochen mit Geflüchteten“, einem Projekt für Frauen und Kinder aus dem Notaufnahmelager im Tempelhofer Flughafen, das Claudia Funk organisiert hatte.  „Hättest du nicht Lust, bei unserem Gruppen-Patenschafts-Projekt für Geflüchtete mitzumachen“, schlug mir Norbert unvermittelt vor.  Und ehe ich so recht begriff, worum es ging, hatte er mir schon eine Karte mit seinen Kontaktdaten in die Hand gedrückt und sich mit den Worten: „Wir sehen uns dann am Sonnabend!“ verabschiedet.

Ja, so war Norbert. Immer in Aktion, immer bestrebt, etwas voranzubringen und andere zum Mitmachen zu bewegen. Sein rasantes Tempo und seine Hartnäckigkeit waren für manche von uns durchaus gewöhnungsbedürftig. Doch genau diese Energie war sein persönliches Erfolgsrezept. Dort, wo Norbert sich einsetzte, hat er Dinge bewegt. Zum Beispiel in der Flüchtlingsarbeit. Nicht zuletzt dank Norberts unermüdlichem Engagement haben zahlreiche Geflüchtete Wohnungen, Arbeits- und Ausbildungsplätze gefunden, und über die von ihm initiierten Gruppen-Patenschaften wurde eine nachhaltige Betreuung ermöglicht.

Norberts Motivation, sich besonders für Geflüchtete aus Kriegs- und Krisengebieten einzusetzen, war zweifellos seiner persönlichen Biografie geschuldet. Als Kind musste er mit der Familie aus der DDR nach West-Berlin fliehen. Von dieser abenteuerlichen Flucht, bei der eine Lokführerin der Familie half, hat er uns mehrfach erzählt - stets mit dem für ihn typischen trockenen Humor, mit dem er gerne die eine oder andere Geschichte aus seinem ereignisreichen Leben zum Besten gab.

Über die Verfolgung und Ermordung seines jüdischen Großvaters durch die Nazis sprach er kaum. Dabei war vielleicht gerade das Schicksal jenes Großvaters, den Norbert nie kennenlernen durfte, ein ganz entscheidender Motor seines sozialen und politischen Engagements.

Als Mitglied des Gemeindekirchenrat organisierte er das Kiez-Fest, setzte er sich für die Jugendarbeit, die Initiative „KuKuK“, und nicht zuletzt für den Umbau des Gemeindehauses als Alternative zum Abriss ein. Der Flüchtlingshelferkreis „Jenseits von Babel“, den Norbert 2015 gegründet und bis zum Lebensende geleitet hat, wurde im Juni 2018 mit dem „Band für Mut und Verständigung“ von Berlin und Brandenburg als vorbildliches Projekt ausgezeichnet. Da war Norbert leider schon über ein Jahr schwer krank.

Kurz vor Ostern 2017 hat sein persönlicher Kreuzweg begonnen. Unvermittelt kam die Diagnose: Eine aggressive Krebserkrankung, gegen die er bis zuletzt tapfer ankämpfte, die aber allen Therapien widerstand. Bewundernswert die tapfere Haltung und Zuversicht, die er sich bis zum Ende bewahrte. In der Nacht zum 27. April hat Gott ihn schließlich von seinem irdischen Leiden erlöst und zu sich gerufen.

Mit Norbert Giesen ist ein sehr lieber und ganz wichtiger Mensch von uns gegangen. Einer, der definitiv fehlen wird…

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