Ein frühlingshaftes Winterkonzert

Ein frühlingshaftes Winterkonzert

Ein frühlingshaftes Winterkonzert

# Orgel-Förderverein

Ein frühlingshaftes Winterkonzert

In Gärten und Anlagen blühen Schneeglöckchen, Krokus, Winterling und Märzenbecher. Laue Lüfte um 10° Celsius wehen mitten im Februar zwischen zwei Sturmnächten durch Berlin, da ereignet sich das 2. Winterkonzert in der Tempelhofer Rundkirche. Sie ist wieder gut besucht, man sitzt coronagerecht mit Maske auf Abstand.

Das Konzert gestaltet eine Frau ganz allein an Orgel und Synthesizer,  Anne Michael, die Kantorin vom Meldorfer Dom in Dithmarschen. Die Kombination der beiden Instrumente hatte sehr interessante Effekte. Ich werde jetzt keine Rezension schreiben, aber versuchen, meine musikogenen Erlebnisse zu schildern:

Johann Sebastian Bachs Präludium in d (BWV 851) spann in zartem Diskant des Synthesizers eine Melodie vom Frühlingserwachen, die rasch vom Orgel-Donnergrollen des gealterten Winters unterbrochen und dann bis zum Ende begleitet wurde.

Bei Ludwig van Beethovens Allegretto aus der 7. Symphonie war der Frühling voll entfaltet, mal feinsinnig, mal triumphierend.

Von Eric Saties Gnossienne No. 1, der mit dem reizvollen Noten-Vorschlag in jedem Takt, hatte ich noch eine etwas flottere Version  vom Klavier her im Kopf, fand aber den Klang und das geheimnisvoll-zögerliche Tempo von Frau Michael richtig romantisch.

Die nachfolgende Bachsche „Jesus bleibet meine Freude“- Kantate  (BWV 147) kam als strahlend - gemächlicher, warmer Sommer daher geschritten.

Ein „Mad Rush für Organ“ (1998) von Phlipp Glass, eine sog. „Minimalmusik“, machte mir etwas Mühe. Wenn ich bei meinem musikalischen Bilderbogen bleibe, würde ich sagen: Ich saß im bequemen Salonwagen der dampflokgetriebenen transsibirischen Eisenbahn bei gemächlicher Fahrt durch die endlose Ödnis der Steppe, vor dem Fenster unentwegt das gleiche ermüdende Motiv mit minimalen, kaum merklichen Variationen. Und es ist weit, sehr weit bis Wladiwostok!

Ganz anders dann John Cages „Souvenir for Organ”, a la Bachs “Orgelbüchlein”. Das war auch minimal, aber von einsam-filigraner, schöner Monotonie, wie ein hellblauer Sommerhimmel mit vorbeigleitenden, zart gefiederten Schäfchenwolken, deren stiller Weg zuweilen von kurzen Blitzeinschlägen mit Donnergetöse unterbrochen wurde.

Nach der zweiten Pause erklang Antonin Dvoraks Largo aus seiner 9. Symphonie in e-moll. Das war friedlich und erhebend wie ein Sommerabend an der Moldau.

Als vorletztes Stück ein „Pari Intervallo für Orgel“ von Avo Pärt aus Estland: elegisch mit dem pochendem Herzen eines klagenden Schmerzensmannes.

Und schließlich noch der Abschluss, eine Komposition von Anne Michael selbst, „Mini Logism“. Es vermittelte mir das Gefühl der mittäglichen Ruhe eines warmen Sommertags. Ich war endgültig einverstanden mit diesem kunstvollen Vortrag einer sympathischen Organistin.

Die Tempelhofer Kirchenkonzerte haben ein bemerkenswert gutes Niveau erreicht. 

Vielen Dank!
Roland Schiffter

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